Sonntag, 9. November 2008

Die Landes-VP im Dilema

Wie Johannes Rauch richtig ausführt, fordert Sausgruber in der letzten Woche etwas, das es ohnehin schon gibt. Oder er ist schlichtweg nicht im Stande, zu erläutern, wo es noch einen Korridor zwischen der derzeitigen Gesetzeslage und den Grenzen des Rechtsstaates gibt. Das ist in letzter Zeit nicht untypisch für die Rechten in diesem Land.

ÖVP 2008

Seit dem "Ausländervolksbegehren" im Jahr 1993 haben sie Jahr für Jahr ihre "restriktive Ausländerpolitik" weiter verschärft und verschärft und nochmals verschärft. Nach 15 Jahren ist diese Politik (auch in ihrer eigenen Logik) mehrfach gescheitert und in der Sackgasse:

1. Das "Ausländerproblem" wurde in keinster Weise gelöst:
  • Die ethnische Fragmentierung schreitet weiter voran. Spannungen steigen. Konflikte häufen sich.
  • Die Zuwanderung geht weiter. Ganz einfach, weil es dafür ökonomische Notwendigkeiten gibt, die die Rechten zu ignorieren und negieren versuchen.
  • Asylverfahren dauern nach wie vor viel zulange. Die Rechten waren nicht im Stande und vermutlich auch gar nie Willens, die Situation zu verbessern, weil ihnen dann ja ein nützliches Feindbild abhanden käme.
  • usw.
2. Die restriktive Politik stößt immer öfter an völker-, europa-, menschen- und verfassungsrechtliche Grenzen. Oder besser formuliert: Sie ist immer öfter schon so weit jenseits dieser Grenzen, dass europäische und innerstaatliche Höchstgerichte nicht mehr zuschauen wollen. Was kann dem aufgepeitschten Volk also noch an Maßnahmen angeboten werden? Soll es auch in Vorarlberg ein Saualm-Lager geben, auf dem Asylwerber/innen bis zur Endlösung konzentriert werden? Ganz so weit ist die ÖVP in Vorarlberg – zumindest öffentlich – noch nicht. Also wird eben etwas gefordert, dass es zwar schon gibt, das das Dilema aber vielleicht ein paar Wochen überbrückt.

3. Es ist einerseits richtig von "den Rechten" zu sprechen und dabei im Kontext der "Ausländerpolitik" die ÖVP und auch die SPÖ mit zu meinen. Die FPÖ war zwar der Motor der "restriktiven Ausländerpolitik". Im Parlament beschlossen und in der Regierung umgesetzt haben sie aber vor allem Rot und Schwarz.

Anderseits gilt es aber zu differenzieren: Den Rechten kann es nur recht sein, die Situation zu eskalieren. Lange Asylverfahren. Den Betroffenen die Integration (am Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft) verweigern. Sie wann immer möglich aus der Betreuung raus zu schmeißen und dann mit dem Finger auf sie zu zeigen, wenn sie nicht gut deutsch können, nicht integriert sind und teilweise auch kriminell werden. Für FPÖ und BZÖ ist die Strategie klar: Eskalieren, stärker werden, raus aus der EU, die Europäische Menschenrechtskonvention, die Flüchtlingskonvention und andere lästigen Grund- und Menschenrechte zumindest teilweise außer Kraft setzen und sich so freie Hand für Maßnahmen verschaffen, die im Moment noch nicht gehen. Die Saualm ist da ein Pilotprojekt um abzutasten, wie weit sie schon gehen können bzw. wie weit sich die Grenzen zwischen Möglichem und Unmöglichen verschieben lassen.

Für Rot und Schwarz, vor allem für die ÖVP, ist das nicht ganz so einfach. Sie haben in den letzten 15 Jahren versucht einen Spagat aufrecht zu erhalten.
Auf der einen Seite der Versuch, es den Rechtsparteien recht zu machen oder sie sogar rechts zu überholen. Auf der anderen Seite christlichsoziale, linkskatholische und auch konservativ-moslemische Wählerschichten mit integrationspolitischen Sonntagsreden bei der Stange zu halten.
Beides funktioniert nicht mehr. Das zeigt gerade das Nationalrats-Wahlergebnis in Vorarlberg. ÖVP und SPÖ verlieren deutlicher als im Bundesschnitt. In zwei Richtungen: Nach rechts. Die Verängstigten und Aufgehetzten gehen gleich zum sprichwörtlichen Schmid und nicht zum Schmiedle. Weniger deutlich auch nach links, weil immer mehr aufrechte Sozialdemokrat/innen, wahre Bürgerliche, proletarische und konservative Migrant/innen zwar vielleicht nicht mit allem einverstanden sind, was die Grünen fordern, aber darin die einzige Hoffnung oder wenigstens das kleinere Übel sehen.

Was soll die ÖVP also machen? Viel weiter nach rechts kann sie nicht, weil sie dann ihre Glaubwürdigkeit als christliche, demokratische, europäische Partei (weiter) verliert. Ein Schwenk hin zu einer modernen Integrationspolitik aber würde einerseits an der eigenen Basis vielfach auf Widerstand stoßen und wäre andererseits wenig glaubwürdig. Er würde also - wenn überhaupt - den Wählerverlust zu den Grünen nur leicht bremsen und jenen nach rechts möglicherweise nur noch fördern.
  • Die ÖVP in Vorarlberg kann also nur verlieren und das ist gut so.
  • Die Rechten werden zwangsläufig dazu gewinnen. Das lässt sich kurzfristig kaum aufhalten.
  • Wir Grüne haben aber ebenfalls eine Chance stärker zu werden und können der Landes-ÖVP dann noch deutlicher zeigen, wo die Lösungsansätze und Auswege sind.
    Vor zehn Jahren wäre es noch undenkbar gewesen, dass die Landes-VP eine grüne Energiepolitik macht. Heute ist das Realität (s. "Energiezukunft Vorarlberg": Wichtiger Meilenstein erreicht)
    In zehn Jahren wird dieselbe VP eine grüne Integrationspolitik machen. Was Sausgruber dieser Tage von sich lässt wird im Rückblick allen so absurd erschienen wie es heute die Forderung nach der Eröffnung des AKW Zwentendorf wäre.
Soweit mein Wort zum Sonntag.

Donnerstag, 6. November 2008

Es läuten alle Glocken ...

Es läuten alle Glocken,
sie läuten nah und fern.
Sie rufen uns zur Kirche.
Wir Kinder kommen gern.
Gott liebt die Kinder.
Er lädt uns alle ein.
Wir grüßen dich, Herr Jesus,
im Gotteshause hier.
Wir sind nun deine Gäste,
wir danken dir dafür.

Dieses Lied hat meine Tochter Clara im Kindergarten gelernt. Wohlgemerkt: Es ist ein öffentlicher, städtischer Kindergarten kein katholischer!

Beim ersten Elternabend haben die Kindergärtner/innen berichtet, dass zu ihren Aufgaben auch die religöse Erziehung zähle. Wir haben darauf hingewiesen, dass wir nicht wollen, dass unsere Tochter religiös indoktriniert wird. Das würden sie eh nicht machen. Sie würden sich lediglich mit dem Jahreskreis beschäftigen, war die Antwort.

Jahreskreis heißt: Erntedankgottesdienst, heiliger Martin, heiliger Nikolaus, Weihnachten ...

Unser Wunsch wurde und wird also ignoriert. Dabei ist den Kindergärtnerinnen kein Vorwurf zu machen: Katholische, "einheimische" Mädchen gehen in eine katholische Privatschule, entweder St. Josef in Feldkirch oder Zams bei Landeck - eine laizistische Alternative gibt es nicht! Dort werden sie zu katholischen Kindergärtnerinnen ausgebildet und werden dazu befähigt, in einem katholischen Kindergarten, "einheimische", katholische Kinder zu betreuen. Etwas anderes lernen sie nicht. Etwas anderes können sie nicht.

In Clara's Gruppe sind maximal die Hälfte der Kinder katholisch und ohne Migrationshintergrund. Dabei ist unser Kindergartensprengel eine "gutbürgerliche Wohngegend" mit niedrigem Migrant/innen-Anteil. In vielen Kindergärten im Rheintal sind katholische Kinder ohne Migrationshintergrund längst die Minderheit. Darauf sind und werden Kindergärtnerinnen aber nicht vorbereitet. Ein atheistisches blondes Kind wie Clara wird als katholisch eingestuft. Ein dunkelhätiges, muslimisches Kind ist halt eine Ausnahme von der Regel. Dass die Ausnahme längst die Regel ist, dass es nicht normal ist, katholisch und "einheimisch" zu sein, sondern dass es normal ist, dass wir in einer pluralistischen Gesellschaft leben, ist in das System Kindergarten noch nicht vorgedrungen.

Ich habe nichts dagegen, dass die Kinder im Kindergarten sich einmal eine Kirche anschauen. Dann hätte ich aber gerne, dass sie sich auch eine Moschee anschauen. Ich habe auch nichts dagegen, wenn der Nikolaus in den Kindergarten kommt, sofern die Kinder nicht gezwungen werden, Gebete auf zu sagen oder christliche Lieder zu singen. Dann hätte ich aber gerne, dass die Kinder auch etwas über den Fastenmonat Ramadan/Ramazan hören und dass sie danach zum Seker-Bayram Süßigkeiten bekommen.

Ich will nicht, dass meine Tochter das Bild vermittelt bekommt, wir würden in einer (fast) monokulturellen, katholischen Gesellschaft leben und dass das Christentum die Grundlage unseres Zusammenlebens ist. Ich will, dass sie etwas von der Vielfalt in unserm Land mitbekommt, dass sie diese Buntheit als Bereicherung erfährt und dass Interesse am Anderen, Respekt, gegenseitige Wertschätzung, die Gleichstellung von Mann und Frau bzw. Bub und Mädchen, die Religionsfreiheit, der Schutz von Leib und Leben etc. unsere Grundlagen sind.

Ich habe nichts dagegen, wenn Katholik/innen ihre Kinder katholisch erziehen. ich habe auch nichts dagegen, wenn sie sie in einen katholischen Privatkindergarten stecken. Ich will aber ein Alternative! Ich will einen öffentlichen, weltanschaulich neutralen Kindergarten, in dem Kindergärtnerinnen - und wenn möglich endlich auch einmal Kindergärtner - arbeiten, die in einer öffentlichen Schule ausgebildet wurden.

Ich denke, das ist nicht nur ein berechtigter Wunsch. Das steht mir als Vater auch zu. Immerhin sind primär wir Eltern für die Erziehung - insbesondere für die religiöse Orientierung - unserer Kinder zuständig. Meines Erachtens werden so, wie es im Moment läuft, meine Verfassungsrechte beschnitten. Ich werde das bei Gelegenheit mit einem/r befreundeten Juristen/in besprechen und dann weiter berichten.

Mittwoch, 5. November 2008

noch mehr Obamania

Die ganze Welt scheint heute besoffen zu sein. Es war ja vor der Wahl kaum mehr auszuhalten, wie sehr es dieser Kampagne gelang, den Menschen glaubhaft das Blaue vom Himmel zu versprechen. Hope! Change!

Ja der Wunsch nach einem Wechsel auf dieser Welt ist ein großer. Auch bei mir. Aber die Hoffnung, dass ein amerikanischer Präsident dafür ein Motor sein könnte, kann ich nicht teilen. Es beängstigt mich, dass sich gerade auch viele österreichische Grüne, für die Obama-Droge empfänglich zeigen:
Christoph Chorherr / Johannes Rauch / Gebi Mair / etwas differenzierter Ulrike Lunacek ...

Meine pessimistische Prognose: Der Kater wird gewaltig sein.

Dienstag, 4. November 2008

Obamania-Umfrage

Das Blog-Dingsda kann auch Umfragen machen. Das habe ich mal ausprobiert.

Ich nehme an Obama schafft's heute Nacht. Aber was kommt dann?

Obamania
Was ändert sich, wenn Obama Präsident wird?

Alles wird besser!
No change! No hope!

  Resultate

sgbregenz, 17:57h.

Sonntag, 2. November 2008

Obamania

Alles schaut gespannt über den großen Teich.
Hier wie dort hoffen Millionen auf den "Change".

Ich möchte mich als Prophet versuchen:

1. Obama wird Präsident. Knapp, aber doch.

2. Obama wird so gut wie alle Hoffnungen, die in ihn gesetzt werden, enttäuschen.

Wenn wir Obama mit österreichischen Politiker/innen vergleichen, dann stellen ihn viele vermutlich neben Bruno Kreisky und hoffen, dass er so wie dieser in den 70er-Jahren eine Reformlawine auslöst.

Ich denke wir müssen ihn eher neben Hans-Peter Martin oder Fritz Dinkhauser stellen. Meiner Einschätzung nach ist er ein vollkommen überschätzter Schwätzer.

Auch hierzulande vielbeachtet ist die Obama-Website bzw. sind die vielen Websites in der Obama-Campain.

Wer ein wenig hinter diese Happy-Pepi-Kulissen schaut, kommt zu anderen Schlussfolgerungen:

* Obama wird keinen Krieg beenden (können).
* Obama wird den Polizeistaat ("Krieg gegen den Terror") nicht zurückfahren (können).
* Obama wird die Todesstrafe nicht abschaffen (können).
* Obama wird nichts oder nur wenig, jedenfalls zu wenig, gegen den Klimawandel tun (können).
* Obama wir die USA weder sozialer, noch demokratischer, noch gebildeter, noch gerechter, noch ökologischer, noch friedfertiger machen.

Nur seine Show wird - noch eine Zeit lang - besser sein.
Mehr wird das US-System nicht zulassen. Mehr kann bei diesem undemokratischen Politiksystem nicht aufkommen. Z.B. wegen des antiquierten Mehrheitswahlrechts (in dem manchmal ja sogar die konservative Minderheit den Präsidenten bestimmt).

Warum bin ich so pessimistisch? Und: Was ist die Alternative?

www.gp.org
www2.runcynthiarun.org

Nur ein Zitat von Cynthia:

"When I was first running for Congress and it was the year of the woman, women all over the country were saying, "We want our seat at the table." And when I got to Washington, I saw that policy was really made in a room, at a table. There were real seats at the table. Well, imagine what has happened to public policy making now.

There is a real room, with a window and a door and there's two seats at the table. The window is for us to look through while our representatives make policy for us so we can see what they're doing. At the table, one seat is for the Democrats and one seat is for the Republicans. Now, we don't know who did it, but one of them put a lock on the door and slipped a key to the corporate lobbyists who can come and go at will and whisper what they want to the Democrats, and then whisper what they want to the Republicans, and the result is that we the people, who pay for those seats and determine who sits in them, want one thing, but because the corporate lobbyists can come and go at will, our values get overridden and our representatives give us something else."


Quelle: http://www2.runcynthiarun.org/NominationAcceptanceSpeech

Wahlziel:
"If we can convince those who see two parties, but only one political agenda, to vote Green, then it is possible for the Green Party to get 5% of the national vote."

Das erinnert mich an die 15% von Sascha VdB.

Und der Zweckoptimismus geht noch weiter:

"And with that 5%, we can pull up another chair at the table of public policy making."

Naja! Vielleicht das nächste mal. Wenn alle gesehen haben, dass Obama auch nur mit Wasser kocht.

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